Die Zukunft des Lernens

… wie wird sie wohl aussehen? Das haben sich sicher schon viele Menschen gefragt und die Antwort dürfte – zumindest in neuerer Zeit – immer gleich ausfallen: „Jedenfalls nicht wie früher“. Doch Fakt ist, dass sich, vor allem in der Schule, an den Lehrmethoden seit gut 40 oder 50 Jahren kaum etwas geändert hat. Von einigen Experimenten abgesehen, die man mit kritischem Blick durchaus als fehlgeschlagen bezeichnen kann (z.B. Waldorfschule), hat sich am Prinzip „Auswendig lernen und wiedergeben“ nicht viel verändert. Immer noch wird viel Wert auf, zum Teil nutzloses, Wissen gelegt. Kollaboration und digitale Medien, die unser Umfeld in der Freizeit und im Beruf bestimmen, kommen fast durchweg zu kurz.

Daran störte sich auch Joel Levin, Grundschul-Lehrer an der „Columbia Grammar and Preparatory School“. Er unterrichtet erste und zweite Klassen an seiner Schule – mit Hilfe von Minecraft. Während es für Lehrer immer schwer ist, den Schülern die Lust am Lernen bei drögen Lehrinhalten nicht zu vermiesen, ist das bei Spielen natürlich nicht der Fall. Hier punktet das Indie-Projekt also schon ganz von selbst. Natürlich muss der Lehrer die Stunden intensiv vorbereiten – was zunächst sogar mehr Arbeit macht als bei einer gewöhnlichen Lehrmethode – da Minecraft aufgrund der schier unerschöpflichen Möglichkeiten nicht gerade zugänglich ist. Der Lehrer schafft daher Welten und denkt sich neben einer Hintergrundgeschichte (um einen Sinn in die Handlungen zu bringen, die die Schüler vollführen sollen) auch Aufgaben für jede Stunde aus. Diese Aufgaben können zum Teil nur kooperativ gelöst werden, die Schüler lernen spielerisch im Team zu arbeiten und die Arbeit der Anderen zu achten.

Anfangs hatte der Lehrer noch verschiedene Zweifel, zum Beispiel ob die Kinder sich überhaupt von einem „Spiel ohne Aliens und schnelle Autos“ begeistern lassen würden. Oder ob sie mit der Steuerung zurecht kämen. Oder ob das Projekt genügend Lehrwert hätte, um es in den Lehrplänen unterbringen zu können. All diese Zweifel waren aber letztendlich unbegründet, wie Levine auf seinem Blog The Minecraft Teacher berichtet:

„As it turns out, all of these concerns were unfounded. The experiment was a rousing success. Not only did we have a productive and fun unit, but I would say that this was the best project I have ever done in the classroom. In my 8 years of teaching I have never seen students so excited and engaged. They run up to me in the halls to tell me what they plan to do next class. They draw pictures about the game in art. They sit at the lunch tables and strategize their next building projects. And not only the boys, but girls too.“

Auch die Schulleitung ist von dem Projekt überzeugt und hat für das nächste Schuljahr bereits weitere Unterrichtseinheiten bewilligt. Inzwischen bietet Levine auch einen freiwilligen Nachmittagskurs an, sogar an 2 Terminen in der Woche (der Erste war sofort überlaufen), und schreibt über seine Erfolge mit dem digitalen Lernen auf seinem Blog. Als Inspiration für andere Lehrer beantwortet er dort u. a. viele Fragen und postet Beispielaufgaben, die aber je nach Klassenstufe individuell angepasst werden müssen.

Möglicherweise sehen wir hier also einen Prototypen für das Lernen im 21. Jahrhundert: spielerisch, kollaborativ, kreativ. Es wäre sicher keine schlechte Idee, diese Ansätze auch in Deutschland zu fördern und auszubauen. Sie in andere Bereiche, vor allem die Naturwissenschaften, zu übernehmen und anzupassen. Denn wenn man Wissen auf diese Weise vermitteln kann, muss man sich in Zukunft vor Pisa auch nicht mehr fürchten.

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