Lang erwartet präsentiere ich Euch nun als kleine Weihnachtsüberraschung das 2. Kapitel meiner WoW-Story „Lichtbringer“.
Wer das erste Kapitel noch nicht gelesen hat, oder alles lieber noch einmal im Ganzen „erleben“ möchte, für den habe ich hier den Link zum Teil 1 😉
Leider schreitet die Geschichte in diesem Part nicht allzuweit voran, ich hoffe es wird euch trotzdem gefallen. Ich gebe mir nun auch Mühe, bald das nächste Kapitel herauszubringen – dort wirds dann auch wieder spannender 🙂
Ich wünche Euch allen Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr! Möge das Licht Euch auf allen Wegen begleiten, Eure Aerith
Rithea blinzelte geblendet von den Sonnstrahlen, die durch das Fenster in die große Stube des Waisenhauses hereinfielen. Ihre Hand glitt über das Eichenholz der Tafel und ihr Blick versuchte sich jedes Detail von damals wieder ins Gedächtnis zu rufen. Hier hatten sie alle gesessen – auf Stühlen, Fensterbänken und sogar auf den Holzdielen. Sie waren in vergangene und fabelhafte Welten gereist ohne sich nur einen Zentimeter zu bewegen…
Ein Geräusch hinter ihr ließ sie aus ihren Gedanken hochschrecken. Eine ältere Waisenmatrone in langer Schürze war mit ihrem Besen durch die Stubentür getreten. Als Rithea sich herumdrehte, schlug die Frau plötzlich beide Hände auf ihren Mund und der Besen fiel geräuschvoll zu Boden.
„Rithea? Meine Güte- bist du es wirklich!?“ Die Matrone rauschte heran, um Rithea an ihren wogenden Busen zu drücken. Völlig perplex versuchte diese sich an den Namen der Frau zu erinnern, die ihren anscheinend bereits halb vergessen hatte. Um wenigstens etwas zu antworten sagte sie: „Ja, es ist wirklich schon lange her.“
„Wie groß du geworden bist und –Oh!- welch‘ blonde Lockenpracht!“, schwärmte die aufgeregte Dame und tätschelte ihre Wange ohne Ritheas rotes Gesicht zu beachten. „Eine halbe Ewigkeit ist das her- mindestens zwanzig Jahre!“, ereiferte sie sich weiter.
„Knapp daneben, es sind zehn Jahre…sehe ich wirklich so alt aus?“, dachte Rithea, schob es aber eher darauf, dass sich ihr Äußeres vom Kind zur jungen Frau doch stark verändert hatte. Es war erstaunlich, dass sie überhaupt erkannt worden war.
„Man schickte uns damals in die Abtei von Nordhain, um mit unserer Ausbildung zu beginnen. Nun komme ich von dort zurück, denn ich hörte mein Bruder sei in der Stadt.“
„Ja genau! Diese schicke Rüstung, geradezu wie eine Paladina!“, nickte ihr die Matrone begeistert zu.
„Oh vielen Dank – das bin ich nämlich.“, nickte Rithea wenig begeistert über deren Scharfsinn und darüber, dass sie auch nichts über Saram zu wissen schien.
„Hierher bin ich aber aus einem anderen Grund gekommen.“, setzte sie nach, als eine Gruppe laut kreischender Kinder am Hauseingang vorbeirannte. „Morgen ist Vollmond und ich würde gern Narros Fabulas sprechen.“
Die Hausherrin riss wiederum ihre Hände theatralisch vor den Mund. „Kind, stell dir vor! Seit 3 Monden ist Narros Fabulas schon nicht mehr erschienen. Die Kinder warteten sehnsüchtig, doch wir alle wurden enttäuscht. Ich weiß nicht, ob etwas vorgefallen ist, aber gesagt hatte er bei seinem letzten Besuch kein Wort darüber, dass er fern bleiben will.“
Hörbar enttäuscht entfuhr Rithea nur ein schwaches „Oh!“
Nun, Narros Fabulas war schon ein alter Mann gewesen, als er sie mit seinen Geschichten verzauberte. Dennoch…damals erschien er wie ein allwissender Held aus vergessenen Zeiten. Er war unsterblich.
Eine Illusion aus Kindertagen, wie Rithea feststellen musste. Jetzt würde sie wahrscheinlich nicht erfahren, was ihre immer wiederkehrenden Träume zu bedeuten hatten.
„Ihm muss etwas zugestoßen sein, da bin ich mir sicher!“ Die Matrone gestikulierte eifrig und Rithea stimmte ihr zu.
„Er wäre nicht einfach fortgeblieben, das sieht ihm nicht ähnlich.“
Sie blieb noch eine Weile, um die Neugierde der Hausfrau zu stillen, doch dann verabschiedete sie sich förmlich.
Als sie etwas unzufrieden dem Stadttor entgegen lief, wurde ihr nur wieder allzu bewusst, dass ein Pferd den Marsch deutlich erleichtert hätte. Doch diese Erleichterung konnte man sich nur leisten, wenn die Ausbildung und der Geldbeutel stimmten. Die Rösser der mächtigen Elite wurden deshalb von den Lehrlingen nur allzu oft neidisch beäugt.
Rithea schritt zügig voran und rechnete sich in Gedanken aus, wie lange es dauern würde, bis sie sich endlich ‚Reiterin‘ nennen konnte.
„Du bist immer noch zu Fuß?“ Eine leicht höhnische Stimme ließ sie innehalten. Das dazugehörige Schmunzeln gebührte Saram, der seinen Braunen neben ihr zügelte.
„Bruder!“, rief Rithea betont überrascht und umarmte grinsend den Hals des Pferdes.
„Ich freue mich auch, dich zu sehen.“, erwiderte Saram ungerührt und stieg aus dem Sattel.
„Deine Ausbildung scheint immer noch schleppend voranzugehen.“, stellte er mit sichtlichem Missfallen fest.
Sein langes, reichlich verziertes Gewand und der gewundene Stab machten ihn eindeutig als versierten Magier erkennbar. Nachdem damals in der Vollmondnacht seine Fähigkeiten entdeckt worden waren, hatte er durch ausgedehnte Studien und hartes Training einen hohen Rang unter den Jungmagiern erworben.
„Es geht vielleicht nicht schnell voran, aber es geht voran!“, verteidigte sich seine Schwester halbherzig. Woraufhin Saram seufzte: „Weil du mit allem, nur nicht mit der Lehre beschäftigt bist.“ –„Ich bin eben vielseitig interessiert.“
Ihr Schlagabtausch hielt sich noch eine ganze Weile aufrecht, bis Rithea plötzlich fragte:
„Sag mal, wo gehen wir eigentlich hin?“
„Nach Goldhain natürlich.“, erklärte Saram, so, als müsste sie Bescheid wissen. „Wir werden eine Gilde gründen.“
Rithea hielt abrupt an. „Was? Jetzt?”
Er nickte entschlossen und setzte seinen Weg ohne sie fort. „Der Zeitpunkt ist günstig, ich bin gerade in der Stadt und du scheinst auch nichts Wichtiges vorzuhaben.“
„Ha-ha!“, versetzte Rithea und rannte nun, um wieder zu ihm aufzuschließen. „Und der wahre Grund?“