Windows 8 Developer-Preview angetestet

Microsoft hat vor kurzem die erste öffentliche Testversion von Windows 8 zum Download freigegeben und als Entwickler und PC-Enthusiast musste ich das neue Betriebssystem aus Redmond natürlich sofort mal selbst testen. Dazu habe ich Windows 8 (32 Bit) auf einer virtuellen Maschine mit 2 GB Ram, einem Dualcore mit 2GHz und 20 GB Festplattenspeicher aufgesetzt. Das liegt also deutlich über den Systemanforderungen (1 GB Ram, 1 GHz Singlecore CPU, 16 GB Plattenspeicher). Trotzdem hat das Setup relativ lange gebraucht, inklusive 2 Neustarts. Der Systemstart dauert auch länger als bei meinem bereits 2 Jahre im Einsatz befindlichen Windows 7. Überhaupt fühlt sich das System noch nicht richtig „flüssig“ an, das mag der frühen Version geschuldet sein oder der VM-Ware „SVGA 3D Grafikkarte“ (für die allerdings über VMWare Tools Treiber installiert wurden, die auch funktionieren). Oder einfach generell dem Laufen in einer VM, wobei Linux hier z.B. keine solchen Performanceeinbußen verbuchen muss.

Doch die Performance ist in einer Developer Preview sowieso eher nebensächlich. Viel gravierender wiegen in meinen Augen die Probleme, vor die Microsoft erfahrene PC-Anwender stellt, die keine Erfahrungen mit Tablets oder Smartphones haben. Denn das Handling von Windows 8 unterscheidet sich komplett von dem in Windows 7, Vista oder XP. Die Anpassung an Tablet-PCs fordert ihren Tribut, so wird man schon zum Start mit einem Bildschirm begrüßt, der außer der Zeit und einem Symbol für die aktive Netzwerkverbindung nichts erkennen lässt. Da sitzt der PC-Anwender erst mal brav davor und wartet, dass ihm der Login-Screen präsentiert wird. Aber es passiert nichts. Nach etwas probieren merkt man dann, dass man den Screen mit der Maus anfassen und hochschieben muss, um sich einloggen zu können. Das mag auf Tablets üblich sein, auf dem PC ist es nicht erwartungskonform. Der nächste Schock (wenn man nicht schon vorher die Videos der Microsoft-Präsentation gesehen hat) ist dann direkt nach dem Login das fehlende Startmenü. Statt diesem präsentiert sich der Desktop aufgeräumt, aber (noch) wenig funktional mit diversen Gadgets. Ein Klick darauf startet wie gewohnt die entsprechende Anwendung, deren vereinfachte Bedienung und große Anzeigefläche die meisten Anwender z.B. beim Internet Explorer (ausgerechnet!) als sehr angenehm empfinden dürften. Doch was, wenn ich den IE schließen möchte? Das kleine „x“ oben rechts fehlt, es lässt sich auch nicht wie die restlichen Bedienelemente über einen Rechtsklick einblenden. Nicht einmal Alt+F4 funktioniert… stattdessen muss man die Windows-Taste drücken, um die Anwendung in den Hintergrund zu schieben. Mit einem erneuten klick auf die IE-Schaltfläche kommt sie wieder hervor. Ob man die Anwendung (außer über den Taskmanager) sonst irgendwie „richtig“ schließen kann – sodass sie keinen Arbeitsspeicher beansprucht – konnte ich bei meinem Kurztest nicht herausfinden.

Auch beim Managen der Gadgets lässt Windows den Anwender im Stich. Zwar mögen einige dieser Helfer nützlich sein, das meiste ist in meinen Augen aber Schrott, der auf meinem PC nichts zu suchen hat. Die Wahl hat man aber nicht, das Zeug ist von Anfang an da. Um es los zu werden muss man das Gadget mit der rechten Maustaste anklicken, um es zu markieren, und dann „Unpin“ oder „Uninstall“ wählen. Das ist umständlich, zumal ich das wie schon gesagt eigentlich überhaupt nie auf meiner Platte haben wollte.

Als ich meinen Kurztest letztlich etwas enttäuscht beenden wollte stand ich vor dem nächsten Problem… wo kann ich denn jetzt den „PC“ herunterfahren? Die mit „Desktop“ titulierte App zeigt einfach nur den Papierkorb und meine Freude, als ich das Startmenüsymbol sah, verschwand aber direkt wieder, nachdem ein Klick darauf erneut nur den Gadget-Screen hervorholte. Auf diesem befindet sich rechts oben das Profilbild, ein Klick darauf förderte dann diverse Optionen zu Tage, die zumindest in die richtige Richtung deuteten. Herunterfahren war aber nicht dabei. Vielmehr muss man sich zuerst ausloggen (warum dauert das bitte fast eine ganze Minute?) und dann auf dem Login-Screen das „Power“-Symbol bemühen.

Alles in allem bin ich der Meinung, dass Microsoft sich von der Tablet-Oberfläche für PC-Benutzer verabschieden muss oder sie zumindest nur optional anbieten sollte. Anderenfalls werden sich viele Anwender kaum mit umständlichen (das präzise Zeigegerät Maus wird total unterfordert) und ungewohnten Bedienkonzept anfreunden können – und somit nicht zu Windows 8 greifen. Zumal die Vorteile, die Windows 8 bieten soll (z.B. überall die gleiche Arbeitsumgebung vorzufinden), hauptsächlich auf der gerade in Europa kritisch beäugten Cloud beruhen oder einfach nicht greifbar sind. Welchen Endanwender interessiert schließlich, ob auf seinem Smartphone, Tablet und PC im Kern das gleiche Betriebssystem läuft, solange jedes Gerät sich einfach bedienen lässt?

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